Am vergangenen Donnerstag, den 10. April 2014, informierte unsere Initiative „Denk mal an Kempen“ die interessierten Kempener über die Hintergründe unseres Zusammenschlusses und präsentierte unsere sieben zentralen Forderungen. Der Andrang war überwältigend: Rund 160 Kempener füllten den kleinen, erweiterten Saal des Kolpinghauses.
Zunächst schilderte der Kempener Historiker Dr. Hans Kaiser anhand seiner Präsentation „Auf den Spuren der Bagger“, welche historischen Gebäude in Kempen durch die Kriege, aber vor allem durch Sanierungsmaßnahmen zerstört wurden. Insbesondere die Abrisse der prachtvollen Villen und des alten Postgebäudes zur Freilegung des Grüngürtels riefen bei den Zuschauern erneute Empörung und Fassungslosigkeit hervor. Aber Kaiser zeigte auch positive Beispiele auf, wie mit historischen Denkmälern umgegangen werden kann und erinnerte daran, dass sich bereits in der Vergangenheit Bürgerinitiativen mit Mahnwachen gegen Abrisse stark gemacht haben. Hans Kaiser: „So ähnlich sieht auch unsere Initiative Denk mal an Kempen ihre Aufgabe: Wache halten, damit so etwas nicht noch mal passiert.“
Die aktuelle Thematik rund um den geplanten Abriss des denkmalgeschützten Gebäudes Peterstraße 20 und die Verstöße gegen die Satzung für den Denkmalbereich 1 bei der Planung des Neubaus stellte Marcel Rau vor. Denn laut Satzung muss jede genehmigungspflichtige Maßnahme innerhalb der Wälle das geschützte Erscheinungsbild des Denkmalbereiches wahren. So heißt es in §5, Absatz 1 unter anderem: „Sie muss sich insbesondere in Anlehnung an den historischen städtebaulichen Maßstab vollziehen, die Kleingliedrigkeit der Bauten und des Stadtbildes wahren. Sie muss sich in der äußeren Form, in der Materialauswahl und in der Farbgebung dem historischen Charakter des Denkmalbereiches anpassen.“
Dass diese Regelungen bei der Planung missachtet wurden, war Auslöser für die Gründung unserer Initiative und Grundlage für die Formulierung sieben zentraler Forderungen.
Prof. Dr. Dr. Klaus-Peter Hufer präsentierte diese dem Publikum:
- Forderung 1: Erhalt des Denkmalschutzes von Peterstraße 20.
- Forderung 2: Vollständige Revision der Denkmalliste.
- Forderung 3: Einberufung eines Denkmalbeirats mit fachkundigen Bürgern.
- Forderung 4: Trennung von Bauausschuss und Denkmalausschuss.
- Forderung 5: Erarbeitung eines langfristigen, sozialverträglichen baulichen Konzepts für die Kempener Altstadt, das deren unverwechselbaren Charakter langfristig sichert.
- Forderung 6: Einführung eines Denkmalpflegeplans.
- Forderung 7: Transparente Entscheidungswege und Abstimmungen bei Bauvorhaben, die das Kempener Stadtbild betreffen.
Die anschließende Diskussion, moderiert von Ute Schmitz, war konstruktiv und von Sachlichkeit geprägt. Zahlreiche Kempener Bürger meldeten sich zu Wort.
„Neue Bausubstanz soll durch ihre Massivität nicht die Kempener Altstadt erschlagen“, so Kurt van Doorn.
Josef Schmitz, seit über 50 Jahren Anwohner der Peterstraße äußerte den Hinweis, dass nicht nur Fassaden von Denkmälern, sondern insbesondere die bauliche Substanz der Denkmäler festgehalten werden sollte.
Ina Germes-Dohmen zeigte sich entsetzt über die Äußerungen des Referenten für Denkmalwesen und besondere Aufgaben städtebaulicher Gestaltung während der öffentlichen Stadtratssitzung bezüglich der fehlenden historischen Bausubstanz im hinteren Bereich des Hauses Peterstraße 20. „Wenn das das Kriterium ist, haben viele Gebäude in Kempen keine Daseinsberechtigung mehr. Dann könnten auch Teile der Burg oder des Kramermuseums abgerissen werden. Man muss zumindest die Fassade erhalten.“
Heinz Wiegers, Mitglied im Bau- und Denkmalausschuss betont: „Wir sind Treuhänder der Substanz, die wir vorfinden. Auch für die Generationen nach uns!“
Irene Platen, Anwohnerin der Peterstraße hatte zum ersten Mal an einer Stadtratssitzung teilgenommen und zeigte sich empört über die Äußerung des Technischen Dezernenten der Stadt, Herrn Karl, der Neubau und das Kolpinghaus seien das Tor zur Peterstraße. „Nein: Ich dachte immer, der alte Peterturm ist das Tor zur Peterstraße!“
Herr Reykers ist besorgt, dass es die Unverwechselbarkeit Kempens mit solchen Neubauten nicht lange geben wird und bezeichnete diese als „Retro-Kitsch“. Er fürchtet, dass es eigentlich schon zu spät sei für die Initiative.
Margret Wenz: „Wir waren alle im Dornröschenschlaf. Erst der Klosterhof hat alle wachgerüttelt. Die Kempener gehen jetzt mit offeneren Augen durch die Stadt. Ich möchte, dass keine Dreigeschossigkeit innerhalb des Ringes zugelassen wird!“
Detlev Schürmann, vom Wegweiser-Betreuungsdienst, kam auf das Problem des bezahlbaren Wohnraums zu sprechen: „Viele unserer betreuten Patienten ziehen nach Krefeld. Das Sozialamt zahlt 5,60 € pro Quadratmeter. Selbst in der Neuen Stadt ist das Wohnen so nicht möglich.“
Ute Gremmel-Geuchen, Organistin in der Paterskirche, erklärte, dass sie das Landesdenkmalamt auf den geplanten Abriss von Peterstraße 20 angesprochen habe. „Dort wusste man nichts von den Plänen.“
Michael Rumphorst (Die Grünen) findet es eine „Schande, dass sich die Initiative gründen musste.“ Er, selbst stellvertretender Vorsitzender des Bau- und Denkmalausschusses, bezeichnete dies als eine „schallende Ohrfeige für den Ausschuss“.
Auch weitere Vertreter der anwesenden politischen Parteien meldeten sich zu Wort und begrüßten grundsätzlich die Gründung der Initiative.
Wir bedanken uns bei allen Besuchern der Veranstaltung für ihre Unterstützung und den konstruktiven Meinungsaustausch. Über 100 Teilnehmer bekundeten ihre Zustimmung durch ihren Eintrag in die Unterschriftenlisten, die wir auch bei künftigen Veranstaltungen auslegen werden. Auch die großzügigen Spenden helfen uns, die Öffentlichkeit weiter über unsere Aktionen zu informieren.
(Fotos: Tina Hellmich)