Unsere Bürgerinitiative hat am Wochenende 17 empörte Zuschriften erhalten. Kempener Bürger, die mir bisher unbekannt waren, empören sich über die unverschämten Schuldzuweisungen der Verwaltungsspitze rund um den Tönisberger Zechenturm. Das ist die größte Menge an Zuschriften, seit wir unsere Initiative vor einem Jahr gegründet haben. Diese Art der Empörung ist besorgniserregend: Offensichtlich haben diese Menschen das Vertrauen in die Verwaltungsspitze so sehr verloren, dass sie sich lieber an eine Bürgerinitiative wenden, anstatt es bei den handelnden Personen zu versuchen. Tragisch, denn das Verhalten der Verwaltungsspitze wirft ein schlechtes Licht auf die gesamte Stadt Kempen. Und das, obwohl die große Mehrheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadtverwaltung einen hervorragenden Job macht.

Doch auch hier dürfte wieder gelten: Schuld ist immer ein anderer. So wie die Kinder am schlechten Zustand der Schultoiletten schuld waren. So wie der LVR durch spät eingereichte Unterlagen an der schlechten Verwaltungsvorlage zu Peterstraße 20 schuld war. So wie die Fußballer durch ihre Spielweise – und nicht etwa der fehlerhafte Kunstrasenplatz – an Verletzungen schuld waren. So wie der LVR daran schuld ist, dass es beim Tönisberger Zechenturm zu massiven Fehlern kam, weil nicht an das Gutachten zur Unterschutzstellung erinnert wurde.

Die Argumentation, dass nicht derjenige, der etwas – nennen wir es einmal sehr wohlwollend – „vergisst“ Schuld trägt, sondern derjenige, der nicht erinnert, dürfte Lehrern, Eltern und Chefs eisige Schauer über den Rücken laufen lassen. Mit dieser Logik funktioniert kein Unterricht, keine Erziehung, kein Wirtschaftsunternehmen. Nur in Kempen, da scheint eine solche Argumentation vollkommen auszureichen. Konsequenzen? Warum denn? Schuld ist doch ein anderer!

Diese fehlende Fähigkeit zur Selbstkritik zieht sich wie ein roter Faden durch die jüngste Kempener Vergangenheit. Und vielleicht trifft uns alle daran die Schuld. Wir Wähler und Bürger, aber auch die Kempener Politiker, sollten auf Aufklärung drängen und dafür Sorge tragen, dass diese durchschaubare Art der Schuldzuweisung mit dem einzigen Ziel sich selbst rein zu waschen, nicht mehr toleriert wird.