Stadt Kempen, 27. Februar 2015. In der vergangenen Denkmalausschusssitzung vom 23. Februar hatte CDU-Politiker und Ausschussvorsitzender Josef Lamozik die Ausführungen des Landesamts für Denkmalpflege im Rheinland scharf kritisiert. Rund um Peterstraße 20 von einer „kleinteiligen bäuerlichen Stadtstruktur“ zu sprechen sei falsch. Lamozik versuchte dies mit einigen Fotografien zu belegen. Auf dieser Aussage begründete er dann auch den Aufruf, in Zukunft besser auf ortskundige Experten zu vertrauen als auf die Mitarbeiter des LVR, die „Denkmalschutz nach Aktenlage“ betreiben würden.

Diese Ausführungen kommentiert der Kempener Historiker Dr. Hans Kaiser wie folgt: „Eine Federzeichnung aus den Sammlungen des Aegidius Gelenius, die zwischen 1637 und 1642 entstand, zeigt mit beiderseits des Petertors über die Stadtmauer aufragenden kleinen Dächern deutlich die kleinteilig-bäuerliche Bebauung an der Peterstraße.“ Auch ein Stadtplan mit der Parzellierung von 1826 bestätige die Ausführungen des Landesamts. Laut Kaiser handelt es sich bei Peterstraße 20 und seinen beiden Nachbarhäusern um das letzte geschlossene Ensemble, an dem man die Formensprache ablesen kann, in der in den äußeren Bereichen zur Stadtmauer vor dem Dreißigjährigen Krieg Handwerker und Kleinbauern gebaut haben. Dass die Häuser im Wirtschaftsaufschwung des 18. Jahrhunderts neue Fassaden bekamen, ändere an ihren Formen nichts. „Außerdem geht aus der 1972 erschienen Dissertation von Bernd Kobbe `Kurkölnische Stadtgründungen‘ hervor, dass an eben dieser Stelle um 1000 nach Christus die älteste Siedlung Kempens entstand. Es ist peinlich, dass diese historisch bedeutsame Ecke nun durch unangemessene Modernisierungen verhunzt werden soll“, so Kaiser.

Federzeichnung, entstanden zwischen 1637 und 1642, aus den Sammlungen des Aegidius Gelenius (Quelle: Kreisarchiv Viersen).

Federzeichnung, entstanden zwischen 1637 und 1642, aus den Sammlungen des Aegidius Gelenius (Quelle: Kreisarchiv Viersen).

„Die unglücklichen Äußerungen des Ausschussvorsitzenden machen zwei Dinge deutlich“, zeigt sich Claudia Pinkle, ebenfalls Mitglied der Initiative enttäuscht, „zum einen zeigen diese auf, wie leicht einige alte Fotografien schon Grundlage einer kompletten Fehldeutung der Historie sein können. Zum anderen, wie sehr der Denkmalausschuss auf externen Sachverstand, wie hier durch den LVR, angewiesen ist. Traurig, mit welcher Vehemenz man sich diesem verweigert.“

Eine Chance Kempener Bürger und Historiker stärker einzubinden und von deren Wissen zu profitieren wurde am vergangenen Montag vertan, als Politiker von CDU, den Freien Wählern und der FDP die Einrichtung eines unabhängigen Denkmalbeirats ablehnten.

Rekonstruktion der Besiedelung des Kempener Stadtgebiets (Quelle: Dissertation von Bernd Kobbe „Kurkölnische Stadtgründungen", 1972).

Rekonstruktion der Besiedelung des Kempener Stadtgebiets (Quelle: Dissertation von Bernd Kobbe „Kurkölnische Stadtgründungen“, 1972).

Reinzeichnung des Stadtplans Kempens von 1826 (Quelle: Kobbe, Stadtgründungen).

Reinzeichnung des Stadtplans Kempens von 1826 (Quelle: Kobbe, Stadtgründungen).Reinzeichnung des Stadtplans Kempens von 1826 (Quelle: Kobbe, Stadtgründungen).