Wieder einmal sorgt das Vorgehen bei einem Bauvorhaben im Denkmalbereich 1 – der Kempener Altstadt – für Unverständnis bei vielen Kempener Bürgerinnen und Bürgern und auch bei den Mitgliedern unserer Initiative.

Das Rheinische Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbandes Rheinland und der Kempener Denkmalausschuss sprachen sich vehement und einhellig gegen die Planung eines Neubaus an der Ellenstr. 15 aus. Gründe dafür waren insbesondere die Höhe des Gebäudes und die Dachform. Bürger, die nun erwarten, dass eine überarbeitete Planung erneut ihren Weg in den Denkmalausschuss findet, dürften überrascht sein. Plötzlich erfahren sie aus der Presse, dass am 20. August ein Termin anberaumt wurde, an dem der Investor, sein Architekt, ein Lobbyist des Einzelhandels und einige Politiker teilnehmen sollen. Seltsam: Weder im Veranstaltungskalender der Stadt Kempen, noch im Ratsinformationssystem – in dem auch nicht-öffentliche Termine aufgeführt werden – gibt es Informationen. Der Eindruck, der entsteht, ist verheerend: Ein Vorhaben, das öffentlich abgelehnt wurde, wird nun am Ausschuss vorbei, nicht-öffentlich diskutiert, um Einfluss auf die Politik zu nehmen, bevor das Vorhaben wieder seinen Weg in den Ausschuss findet. Das ist exakt die Art von „Hinterzimmerpolitik“, die die Kempener Freien Wähler im Sommerinterview vehement abgelehnt haben – ein Standpunkt, den wir voll und ganz unterstützen.

Nicht täuschen lassen!

Dass der Investor betont, dass eine dreistöckige Bebauung grundsätzlich dem Bebauungsplan entspricht, ist zwar richtig, doch bereits im Workshop mit Professor Wachten in Zusammenarbeit mit der Landeskonservatorin wurde nicht nur die Bebauung des ehemaligen Heitzer-Areals besprochen, sondern auch der weitere Verlauf der Ellenstraße. Gemeinsam mit dem Investor wurde für den Standort ein Konzept entwickelt, dass eine Eingangsfunktion für die Ellenstr. darstellt, das eine Fortführung in der Anschlussbebauung vorsieht, zweigeschossig mit Satteldach. Diese Ergebnisse sollten jedem bewusst sein, der ein Bauvorhaben auf der Ellenstraße plant. Nun den Einzelhandel gegen den Stadtrat auszuspielen, indem man droht, dass eine Reduzierung der Bauhöhe automatisch den Verzicht auf gewerbliche Fläche bedeuten würde, ist unanständig und eine all zu leicht zu durchschauende Strategie. Wir hoffen inständig, dass sich die Kempener Ratsmitglieder mit dieser Argumentation nicht täuschen lassen. Das Problem liegt in der Planung, die sowohl den Wachten-Workshop, als auch den Denkmalbereich und den LVR vollkommen außeracht gelassen hat und sich stattdessen nur auf die finanziellen Interessen eines einzelnen fokussiert hat.

Fundament für die Zukunft der Altstadt

Nach der vergangenen Denkmalausschusssitzung war zu lesen, dass der Bebauungsplan überarbeitet werden müsse, um mit der Denkmalbereichssatzung zu harmonieren und planerische Unsicherheiten auszuräumen. Das ist auch aus unserer Sicht dringend notwendig. Wie wichtig diese Überarbeitung ist, macht aktuell wieder das Geschehen rund um die Planung auf der Ellenstraße deutlich.

Die Altstadt ist das größte Kapitel Kempens – auch des Einzelhandels. Der Schutz des Denkmalbereichs bedeutet, dass die Altstadt als solche die Charakteristik einer historischen Altstadt erhalten soll – egal ob es sich um geschützte Einzeldenkmäler handelt, oder um nicht-geschützte Gebäude. Zu diesen Charakteristika gehört vor allem die Bauhöhe. In historischen Städten lebten in Nähe der Stadtmauer eher ärmere Menschen, in Zentrumsnähe, besser geschützt und nahe der Kirche, die reicheren Bürger. Deshalb ist der langsame Anstieg der Gebäudehöhe von Stadtmauer zum Zentrum auch einer der wichtigen Aspekte des Denkmalbereichs und Ursache von Sichtbeziehungen, die es zu erhalten gilt. Ein Bebauungsplan, der für eine gesamte Straße eine feste Höhe ausweist, kann dem niemals gerecht werden. Der Erhalt der Altstadt – selbstverständlich auch inklusive Neubauten, die sich ins Bild einfügen und dem Anspruch einer historischen Altstadt gerecht werden – sollte nicht vom Wohlwollen eines Investors abhängen. Denn hier steht das finanzielle Interesse eines Einzelnen den Interessen der Allgemeinheit gegenüber. Erneut weisen wir darauf hin, dass die Stadt Kempen dringend ein umfassendes Konzept für die Kempener Altstadt benötigt, um sich nicht immer wieder in Insellösungen zu verrennen. Auch die Gründung eines Denkmalbeirats aus historisch kundigen Bürgerinnen und Bürgern, die zu Beratungszwecken, wenn nötig hinzugezogen werden könnten, ist – wie hier mal wieder deutlich wurde – dringend angebracht.