Novellierung des Denkmalschutzgesetzes NRW

Mit einem Entschließungsantrag unter dem Titel „Starke Denkmalpflege – starke Heimat! Eigentümer beim Erhalt und der Nutzung von Denkmälern unterstützen“ brachten im Oktober 2018 die Regierungsfraktionen der CDU und der FDP im Düsseldorfer Landtag eine Novelle des Denkmalschutzgesetzes in NRW auf den Weg. Im März 2019 befasste sich der zuständige Ausschuss in einer Anhörung mit dem Thema. Neben notwendigen Anpassungen an aktuelle Entwicklungen und Standards geht es auch darum die zuständige Behördenstruktur effizienter zu gestalten und Verfahren zu straffen. Städte und Gemeinden, vor allem kleinere und Denkmaleigentümer sollen entlastet werden. Die oberste Denkmalbehörde verfasste einen Gesetzesentwurf, der als Basis einer Anhörung von Verbänden und Organisationen diente. Der Entwurf sieht vor, dass sich Zuständigkeiten und Beteiligungspflichten ändern. Auf die Rücksicht und den kontinuierlichen Austausch aller Beteiligten, insbesondere mit den Eigentümern und Besitzern, wird großer Wert gelegt. Diese Vorhaben sorgen durchaus für Unruhe bei betroffenen Verbänden und Organisationen, die mit der Bildung eines „Denkmal-Schutzbündnisses“ reagierten, dem neben weiteren namhaften Organisationen die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, der Verband Deutscher Kunsthistoriker oder die Deutsche Burgenvereinigung angehören. Am 3. 3. 2021 wurde ein neuer Gesetzesentwurf als Grundlage einer zweiten Verbändeanhörung veröffentlicht. Die Stellungnahmen, deren Eingang bis zum 9.4. 2021 befristet war, werden zurzeit ausgewertet.

Wichtige Änderungen:

  • Große und mittlere kreisangehörige können für Kleine kreisangehörige Städte und Gemeinden bleiben Untere Denkmalbehörden. Für die anderen übernimmt der Kreis diese Aufgabe. In diesem Fall würde dort der Denkmalausschuss gebildet.
  • Die Benehmensherstellung in Angelegenheiten der Baudenkmalpflege mit dem Landschaftsverband entfällt und wird durch eine Anhörung mit einer Befristung von 2 bzw. 3 Monaten ersetzt. Hierzu gehören auch die Modalitäten zur Führung der Denkmalliste.
  • Die Untere Denkmalbehörde kann ehrenamtliche Beauftragte für Denkmalpflege berufen.
  • Gemeinden sollen Denkmalpflegepläne aufstellen und fortschreiben. Diese Vorschrift bleibt unverändert bestehen, gestrichen lediglich die Grabungsschutzgebiete.++
  • Der Begriff Umgebung erhält eine Konkretisierung, somit auch Begriffe wie Umgebungsschutz, Sichtbeziehungen, Erscheinungsbild u.s.w. oder Vorschriften für Denkmalbereiche. Das Gleiche gilt für den Umgebungsschutz.
  • Für mehr Klarheit und Rechtssicherheit sorgt der Paragraph zum Vorläufigen Schutz.
  • Durch eine Präzisierung und Ergänzung der Vorschriften zum Schutz von Denkmalbereichen

soll dem Verlust historischer Bausubstanz vorgebeugt werden.

  • Der Rechtsbegriff der Zumutbarkeit wird im Sinne der Rechtssicherheit klarer definiert.
  • Sehr deutlich verändert wurde der Paragraph zu erlaubnispflichtigen Maßnahmen, wo den Behörden aufgegeben wird, im Abwägungsprozess Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, Einsatz erneuerbarer Energien oder Barrierefreiheit zu berücksichtigen.
  • Der Einsatz zeitgemäßer Bauprodukte soll erlaubt werden, wenn dadurch eine nachhaltige Verbesserung der Nutzbarkeit erreicht wird.
  • Veränderungen erfahren haben die Bestimmungen zu Grabungen, zum Bodendenkmalschutz bzw. zum Schatzregal. Bereits das Suchen nach Schätzen unterliegt Auflagen.
  • Die Bestimmungen zur Denkmalförderung wurden komplett gestrichen mit Hinweis auf Förderprogramme bzw. Förderrichtlinien.
  • Bescheinigungen zur Erlangung von Steuervorteilen sollen von der Unteren Denkmalbehörde ohne Benehmen mit dem Landschaftsverband ausgestellt werden.
  • Ein Welterbe-Paragraph wird eingefügt.

Aus Sicht der Denkmalschützer und  -pflegerInnen sind hier und dort durchaus Verbesserungen im Verfahren  zu konstatieren. Allerdings wären die auch im Rahmen der bisherigen Gesetzeslage umsetzbar gewesen. Das bisherige Denkmalschutzgesetz habe sich nachweisbar bewährt. Auf scharfe Kritik stößt, gerade auch seitens der Bau- und BodendenkmalpflegerInnen, die eine drohende Gefährdung ihrer Tätigkeit und eine Schwächung ihrer Ämter befürchten. Insbesondere die Absicht, das Benehmensverfahren durch eine Anhörung zu ersetzen, wird als beunruhigend beschrieben. Die Folge wären Entscheidungen vor Ort, die durch historisch weniger geschultes Personal unter Verzicht auf Erfahrung, Expertise und regionale und überregionale Sichtweisen gefällt würden. Die Denkmaleigentümer würden gegenüber den unteren Denkmalbehörden an Durchsetzungskraft gewinnen.  Große Kritik erntet auch die Absicht in Abwägungsprozessen Aspekten wie Klima, neue Energien oder zeitgemäßem Wohnraum mehr Gewicht einzuräumen. Damit würden, so die Denkmalpfleger sachfremde Kriterien Veränderungen, Umbau- oder Abrissmaßnahmen Tür und Tor öffnen.  Wirtschaftliche Interessen würden Vorrang vor denkmalpflegerischen Interessen erhalten. Dabei bedeuten Denkmäler Identifikationspunkte, sind unverzichtbarer Teil von Heimat und  gemeinschaftliches Erbe, das es für nachfolgende Generationen zu bewahren gilt.

Es bleibt abzuwarten, was von dem Gesetzentwurf übrig bleibt. Das Denkmalschutzgesetz von 1980 hat der Entwicklung Kempens wichtige Impulse gebracht und im Rahmen der Zusammenarbeit der Stadt mit dem LVR eine gute Entwicklung gesichert. Doch konnte dieser Rahmen nicht verhindern, dass sich, zuletzt verstärkt, Fehlentwicklungen ergaben, die zur Besorgnis Anlass geben. Die Bedenken der DenkmalpflegerInnen müssen daher geteilt werden, wenn es um die Interessenabwägung geht. Kempen verdankt sein besonderes Flair seiner historischen Bausubstanz. Wer die verändert, verändert mehr als das betroffene Bauwerk.

Heinz Wiegers